Bardoni Intérieur
ERÖFFNUNG – REISE – 12/12/2013.
Heute abend sind wir nicht auf der Ausstellung eines Berufsanfängers, sondern eines Schaffenden, hinter dem eine ernste berufliche Vergangenheit ist, er kommt nur aus der Richtung eines anderen Kunstzweiges: bis jetzt war er als Architekt tätig, und sein Interesse an den Partnerkünsten hat ihn in die Richtung der Malerei getrieben, aus deren frischesten Ergebnissen er eine Wahl auf dieser als Maler ersten Aufstellung vorstellt. Die Frage ergibt sich: warum malen Sie? Warum genau das? Wie ist die Idee gekommen? Warum beginnt ein Architekt zu malen?
Auf diese Frage gibt die beste Antwort vielleicht Heidegger in seinem bis heute gültigen Werk „Ursprung des Kunstwerks”. In diesem untersucht er die Beziehung der Kunstzweige zueinander und schafft er die Gedankengrundlagen der Durchdringlichkeit unter den Kunstzweigen. Das macht er dadurch, dass er ein Gemälde und ein Gebäude, also die Malerei und die Architektur in Paralelle bringt. In dem Werk „Ursprung des Kunstwerks” analysiert Martin Heidegger paralell ein Gemälde (Van Gogh: Bauernschuhe) und ein Gebäude (eine griechische Kirche) und er weist auf den gemeinsamen philosophischen Nenner und die aus ihren Werk-Sein kommende wesentliche Gleichheit von Kunstwerken, die verschiedene Gattungen haben, die in der Hinsicht der Weltanschauung und des formal-strukturalen Aspektes voneinander ferne stehen. Die zwei Werke trennen voneinander mehr als 2000 Jahre, also sind das von ihnen interpretierte Weltbild, die Philosophie, der Zeitgeist am völligsten verschieden.
Diese Äkvivalenz basiert sich auf der gleichen Rolle bei der Aufdeckung der Wahrheit der Kunstwerke. Heidegger, abwechend von den Traditionen, nähert sich den Kunstwerken nicht von der Seite der Schönheit, des Inhaltes, usw., sondern von der Seite der Wahrheit. Sein zentraler Gedanke ist so zu verfassen: unabhängig davon, ob es um Gedichte, Bilder oder Gebäude, unabhängig von geistlicher Position, formaler Erscheinung, dem Alter, der Gattung, oder dem Stil, das Kunstwerk sagt oder vermittelt die Wahrheit nicht, sondern die Wahrheit kommt im Kunstwerk in Gang.
Auf den kraftvoll farbigen Bildern von Kárpáti Béla bringen die durch die Überdeckung mehrerer aufeinander gemalten Schichten erscheinenden früheren Phasen Tiefe in die Komposition, und durch das Treffen von Einheiten ist das Bild andauernd in Bewegung, während irgendwo das Rohleinen statt des völlig ausgefüllten Hintergrundes sichtbar wird. Das Bild erscheint als visueller Dialog unter den Feldern, der vor uns stattfindet, und man kann beobachten, wie sich die Flächen auf ihrer eigenen Sprache miteinander kommunizieren. Die im Raum schwebenden Formen, deren Grenzen sich manchmal bestimmter, manchmal frei gestalten, sind die Darstellungen einer unbegreiflichen und in ständiger Umwandlung stattfindenden Erscheinung: die lyrischen, aber genauen Formulierungen des Malers. Natürlich kann man die formale Ähnlichkeit unter der durch Pierre Soulages gestalteten Bewegung und der sich um ihn in Paris entwickelten ungarischen Runde; z.B. Reigl Judit, Hantai Simon, Major Kamill sind diejenigen, an die ich denke, aber zu dieser Runde gehört noch auch Rozsda Endre.
Hier geht es nicht um Nachzeichnung oder Nachahmung , sondern um den solchen/ in dieser Form gestalteten Ausdruck der Wahrheit. Und wie auf den Bildern von den erwähnten Künstlern, auch bei Kárpáti bieten die Situationen durch die Bewegtheit der Fläche eine ambivalente, vielfältig zu erklärende Möglichkeit. Er kann auf seinen Leinen durch die Gesten auch die Bewegung, die Schwebung, die Spannung, die Veränderung der Zustände, den Rythmus und die Wurzeln des Daseines zeigen. Seine Werke sind den persönlichen Ausgangspunkt überschreitend die Darstellungen von allgemeinen menschlichen Beziehungen und Kämpfen . Diese sind bildliche Wurzeln von verschiedenen Zuständen, die ohne Figuralität den subjektiven Inhalt wahrnehmbar machen. Nicht einmal die Augen des Betrachters können auf den Einzelheiten ruhen, da etwas durch das Spiel der Flächen und der Bewegung fast andauernd passiert.
Die Bergriffsklasse der Entstehung und des Daseins bestimmt die Malerei von Kárpáti, unabhängig davon, ob es um abstraktere oder figuralere Werke geht. Und wie ich die Gemälde betrachte, war das nicht das letzte Mal, dass wir uns auf der Ausstellung von Kárpáti Béla treffen.
Seprűs Zoltán - Kunsthistoriker